Kollektivvertag – Alles was Sie als Unternehmer wissen müssen  HTML-Ansicht Notiz

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Bevor näher auf den Kollektivvertrag eingegangen wird, ist es zunächst wichtig das österreichische Arbeitsrecht kurz darzustellen. Arbeitsrecht befasst sich mit den Problemen, die entstehen, wenn sich ein Mensch freiwillig in persönliche, weisungsgebundene Abhängigkeit begibt und dabei fremdbestimmte Arbeit leistet. Obwohl die Problemstellungen von Land zu Land verschieden sind gibt es dabei grundsätzlich einen festen Kern: Arbeit bietet großes Potential für Konfliktsituationen zwischen Arbeitgebern, Arbeitnehmern und den Arbeitskollegen.

Ebenso stellen sich Fragen über Entgelthöhe, Krankheit, Arbeitsunfälle oder körperliche Anforderungen eigentlich überall. Das Individualarbeitsrecht ist der Kernbereich des österreichischen Arbeitsrechts. Darin werden die Stellung des Arbeitnehmers am Arbeitsplatz sowie Verpflichtungen und Ansprüche geregelt. Aufgrund der Möglichkeit der Verbandsbildung zur Interessenvertretung bildet das kollektive Arbeitsrecht das zweite große Regelungsfeld. Themen wie die Rahmenbedingungen zur Bildung von Verbänden oder die Stellung der einzelnen Mitglieder und Nichtmitglieder werden innerhalb dieses Regelungskomplexes erläutert. Seit 1920 wurde das, bis dahin grobmaschige, arbeitsrechtliche Netz in Österreich zunehmend verfeinert. Vor allem wurde eine starke Ausbreitung auf bis dahin ungeregelte Bereiche erreicht. Beeinflussung findet auch durch die Europäische Rechtsentwicklung statt, die seit dem Beitritt Österreichs zur Europäischen Union immer im Auge behalten werden sollte.

Was ist ein Kollektivvertrag?

Der Kollektivvertrag gilt als eine der hervorstechendsten Eigenschöpfungen des Arbeitsrechts. Ziel ist es Arbeitnehmern ohne Einschaltung des Staates gewisse Mindestlöhne und Mindeststandards innerhalb des Arbeitsverhältnisses zu verschaffen. Mit Hilfe von Drohungen und zahlreichen Streiks konnte dieses Rechtsinstitut schließlich in der Rechtsordnung verankert werden.

Funktionen des Kollektivvertrages

Im Vordergrund steht eine Schutzfunktion: Die enthaltenen Mindestbedingungen sollen den Betroffenen sozialen Schutz gewähren. Weiters ist eine rechtsfortbildende Funktion beobachtbar. Kollektivverträge gestalten das Arbeitsrecht fortwährend neu. Die sogenannte Friedensfunktion soll im ganzen Rechtsgebiet Konflikte verhindern, weil die ausgehandelten Aspekte außer Streit stehen. Zum Schluss ist auch zu erwähnen, dass der Kollektivvertrag innerhalb des Geltungsbereiches Ordnung schafft und dadurch Arbeitsbedingungen vereinheitlicht und typisiert.

Die Kollektivvertragsfähigkeit

Grundsätzlich entfaltet ein schuldrechtlicher Vertrag keine rechtliche Bindung für Dritte, die nicht am Abschluss beteiligt sind. Dafür braucht es eine vom Staat verliehene Rechtsmacht. Bezieht sich diese auf das Recht Kollektivverträge zu schließen, spricht man von Kollektivvertragsfähigkeit. In Österreich erhalten diese Eigenschaft hauptsächlich große Verbände. Einzelnen Arbeitgebern wird dieses Privileg dagegen nur selten zugesprochen (zum Beispiel großen Vereinen oder aus der Staatsverwaltung ausgegliederten Unternehmen). Das Zuerkennungsverfahren wird auf Antrag eingeleitet und endet beim Bundeseinigungsamt, welches mit Bescheid entscheidet. Neben der Verleihung kommt die Kollektivvertragsfähigkeit ex lege gesetzlichen Interessenvertretungen der Arbeitnehmer und Arbeitgeber sowie juristischen Personen des öffentlichen Rechts zu.

Der Kollektivvertragsabschluss

Grundvoraussetzung ist zunächst, dass auf jeder Seite mindestens eine abschlussfähige Partei anwesend ist. Die Wahl des Vertragspartners ist grundsätzlich frei. Außerdem gibt es keinen zwingenden Mindestinhalt, weil es den Parteien frei steht zulässigen Inhalt einzubringen. Der Vertrag bedarf zwingend der Schriftform und ein Abschluss auf sowohl bestimmte als auch unbestimmte Zeit ist denkbar. Verstöße des Inhaltes gegen zwingendes Recht oder die guten Sitten führen zur Nichtigkeit der betroffenen Bestimmung und häufig zu einer Teilnichtigkeit des Kontraktes. Ebenfalls zu erwähnen ist, dass in Österreich keine Verhandlungspflicht besteht. Erzwungen werden kann eine Aufnahme der Gespräche nur durch den Arbeitskampf.

Der Inhalt

Unterschieden wird zwischen dem normativen und schuldrechtlichen Teil. Ersterer bindet die einzelnen, dem Vertrag unterworfenen Arbeitsvertragsparteien. In diesem Teil befinden sich Inhaltsnormen, Sozialplannormen, betriebsverfassungsrechtliche Regelungen und Normen über gemeinsame Einrichtungen. Der schuldrechtliche Part regelt die Rechtsbeziehungen zwischen den Vertragsparteien. Es handelt sich hierbei um einen essenziellen Inhalt, weil ein Vertrag ohne Regelung der Rechtsbeziehungen undenkbar ist.

Die Beendigung

Der Kollektivvertrag kann jederzeit einseitig aus wichtigem Grund beendet werden und eine einvernehmliche Kündigung ist jederzeit möglich. Ein unbefristeter Kontrakt kann aufgrund von vertraglich vereinbarten Kündigungsabreden beendet werden. Eine automatische Auflösung geschieht, wenn eine der Parteien die Kollektivvertragsfähigkeit verliert oder komplett zu bestehen aufhört. Eine Beendigung bewirkt jedoch nur das gänzliche Außerkrafttreten des schuldrechtlichen Teils. Der normative Teil bleibt durch seine Nachwirkung eingeschränkt und dispositiv bestehen. Zweck dieser Nachwirkung ist es eine Zeitüberbrückung bis zum Inkrafttreten eines neuen Kollektivvertrages zu schaffen und Regelungslücken innerhalb der Arbeitsverträge zu verhindern, weil ein Großteil sonst nur noch einen bloßen Torso darstellen würde.

Das Kollektivvertragsrecht ist hauptsächlich im Arbeitsverfassungsgesetz geregelt. Gesetze zum Vertragsabschluss und Aspekte wie Anfechtungsgründe oder Vertragsbeendigung finden sich im Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch.

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